8 Blickwinkel einer Transformation
1. Kapitel
Kapitel 1: Los geht's
Versetze dich in die Rolle von Katharina, einer erfahrenen Change Facilitatorin und systemischen Organisationsentwicklerin. Katharina ist auch Trainerin für Change Management Schulungen und sie wird über einen ehemaligen Schulungsteilnehmer in ihre neueste Herausforderung geführt.
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Szene 1: Die Auftragsklärung
Katharina saß an ihrem Schreibtisch, als ihr Telefon klingelte. Sie erkannte die Nummer des Kunden und nahm sofort ab. "Guten Morgen, Katharina hier", begrüßte sie den Anrufer.
"Hallo Katharina, hier spricht Manfred", antwortete eine tiefe Stimme am anderen Ende der Leitung. "Ich hoffe, ich unterbreche dich nicht bei etwas Wichtigem?"
"Nein, überhaupt nicht", versicherte Katharina. "Wie geht es dir heute, Manfred und was verschafft mir die Ehre?" Manfred und Katharina hatten sich vor wenigen Monaten in einer Agile Change Manager Schulung kennen gelernt und waren in Kontakt geblieben.
"Danke, mir geht es gut” entgegnete Manfred bestimmt. Seit unserem letzten Treffen hat sich Einiges getan und ich würde mich gerne mit dir darüber austauschen, wie du uns in der kommenden Zeit unterstützen kannst. Passt es dir gerade?”.
Katharina war sofort interessiert. "Klar, gerne. Worum genau geht es denn?". Manfred erklärte das Projekt und Katharina hörte aufmerksam zu und machte sich Notizen:
"Wenn ich dir so zuhöre und meine Skizze betrachte, dann bekomme ich den Eindruck, dass hier verschiedene Themen zu bearbeiten sind. Manches, das du beschreibst, ist möglicherweise ein Symptom für eine tieferliegende Frage und reicht von Führungsthemen über die allgemeine Wertschöpfung bis hin zu Personalthemen. Das klingt richtig spannend", bemerkte sie mit Freude. "Ich kann euch gerne helfen typische Change-Fallen zu vermeiden, die Wertschöpfung besser zu verstehen und strukturiert mit der ganzen Komplexität umzugehen. Wann hast du denn Zeit für ein Treffen, um Details zu besprechen?"
"Wie wäre es nächste Woche Dienstag um 10 Uhr? Können wir uns in unserem Büro treffen?"
"Das passt sehr gut", antwortete Katharina. "Ich notiere mir das gleich. Ich freue mich auf das Treffen und darauf, mehr zu erfahren."
"Das freut mich auch", sagte Manfred. "Ich brauche deinen Rat, weil ich vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehe. Bis dann, Katharina."
"Bis bald, Manfred", sagte Katharina und legte auf. Sie lächelte. Es war nicht immer einfach, neue Kunden zu gewinnen, aber wenn man sich gut verstand und das Vertrauen schon da war, ging alles viel schneller und reibungsloser. Sie freute sich auf die Zusammenarbeit mit Manfred und seinem Team.
Dienstag in der Folgewoche, 10:00 Uhr: Katharina freute sich über Gelegenheiten, Organisationen und Kontexte hautnah zu erleben und sich mit potenziellen Kunden auf eine gemeinsame Reise zu begeben. Kennenlerntermine wie dieser waren ihr dabei die Liebsten. Manfred kannte sie bereits als “Macher-Typen” und sie wusste von seiner Bereitschaft, neue Wege zu gehen.
“Guten Morgen, Katharina” ertönte hinter ihr plötzlich eine vertraute Stimme und riss sie aus ihren Gedanken.
“Guten Morgen, Manfred. Schön, dich zu sehen”. Mit einladender Geste führte Manfred Katharina am Empfang vorbei und direkt einen nahegelegenen Flur entlang. “Du erinnerst dich vermutlich noch daran, dass ich als Product Owner für das Produkt MUH2000 bei der Agile Change Manager Schulung war. Ich hatte ja auch einige Fragen und Diskussionspunkte mitgebracht, wie z.B. dass ich damit kämpfe, so weit von den einzelnen Teams weg zu sein”, sprudelte es direkt aus ihm heraus.
“Ich kann mich noch gut daran erinnern”, entgegnete Katharina wahrheitsgemäß.
“Nun, seit einigen Wochen war im Gespräch, dass ich auf eine neue Position wechseln soll. Und nun ist es so weit. Inzwischen habe ich meine neue Aufgabe als Bereichsleiter angetreten.”
“Herzlichen Glückwunsch, Manfred”.
“Danke dir. Es ist noch alles sehr neu, und ich darf mich noch in meine neue Rolle einfinden. Aber eines möchte ich nicht auf die lange Bank schieben. Mit meiner neuen Verantwortung geht nun auch das notwendige Mandat einher, über meine Nachfolge als Product Owner nachzudenken.
Wie du weißt, bin ich schon lange hier und habe ein großes Netzwerk in der Organisation. Das hat mich immer in die Lage versetzt mit den verschiedenen Stellen gut zusammenzuarbeiten und vor allem zu einer gemeinsamen Priorisierung der Anforderungen an unser Produkt zu kommen. Ich befürchte, dass mein Nachfolger es nicht so einfach haben wird die Fäden da zusammenzuhalten. Ich denke, wir müssen das Thema Stakeholder und Priorisierung systematisieren. Ausserdem müssen wir insgesamt effizienter werden und die Zusammenarbeit der Teams verbessern.
Du kennst mich ja, Katharina, die Chance etwas zu verändern möchte ich mir nicht entgehen lassen. Und da kommst du ins Spiel. Wenn ich mich an eines erinnere aus unserer Schulung, dann ist es, dass mein Tatendrang gut daran tut von einer erfahrenen Change Managerin – oder Change Facilitatorin, wie du es glaube ich genannt hattest – begleitet und eingefangen zu werden, wenn nötig. Daher möchte ich, dass du diesen Wechsel begleitest und den neuen Product Owner und auch die Scrum Master der Teams coacht, um unsere Ziele zu erreichen.”
Katharina konnte sich ein kurzes Lachen nicht verkneifen. “Das hast du sehr schön formuliert, Manfred. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit”.
Was haben wir hier erlebt:
Wir werden Zeuge eines vielversprechenden Beginns. Katharina, eine engagierte Beraterin, wird von Manfred, einem potenziellen Kunden, kontaktiert. Während ihrer Unterhaltung spüren wir das Vertrauen, das zwischen ihnen besteht. Beide Seiten sind auf Basis ihrer guten Erfahrung in der Vergangenheit erfreut, zusammenzuarbeiten und gemeinsam eine Transformation zu beginnen. Doch was steckt da eigentlich genau drin? Welche Herausforderungen und Überraschungen warten auf sie? Das werden die folgenden Kapitel enthüllen.
Und was hat das mit einer Transformation zu tun?
Wir wibas Berater erklären Veränderung gerne als eine Bewegung:
Veränderung beginnt mit einem klaren Verständnis des aktuellen Zustands, dem Status Quo (1.). Dies legt den Ausgangspunkt fest, von dem aus wir uns bewegen.
Doch wohin geht die Reise? Ein klar definiertes Ziel (2.) mit hoher Relevanz für das Unternehmen gibt uns nicht nur eine Richtung vor, sondern auch einen Grund für die Veränderung. Dieser Unterschied zwischen dem aktuellen Stand und dem angestrebten Ziel schafft einen dringenden Handlungsbedarf, den „Sense of Urgency“.
Anstatt große, radikale Veränderungen vorzunehmen, sollten wir den Weg zum Ziel in kleinen, iterativen Schritten (5.) gehen. Dies ermöglicht es uns, stetig Anpassungen vorzunehmen und sicherzustellen, dass wir auf dem richtigen Pfad bleiben. Aber wie stellen wir sicher, dass wir nicht vom Kurs abkommen? Hier kommen flankierende Maßnahmen ins Spiel. Führungskräfte müssen die Transformation aktiv begleiten (3.), sie fordern und fördern.
Gleichzeitig sollte die gesamte betroffene Organisation in den Veränderungsprozess einbezogen werden, um sicherzustellen, dass die Lösungen maßgeschneidert sind (4.) und die Transformation als gemeinsames Projekt wahrgenommen wird. Weiterbildung, Coaching und die Ausbildung von Multiplikatoren sind unerlässlich, um die Organisation zu befähigen, die Veränderung erfolgreich umzusetzen (6.). Schließlich ist es wichtig, regelmäßig zu überprüfen, ob wir noch auf dem richtigen Weg sind und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen (7.).
Die Transformation ist für uns somit ein großer Begriff, der vieles beinhaltet. Es ist ein Tanz zwischen Stabilität und Flexibilität, Struktur und Verhaltensmustern, zwischen Tradition und Innovation. Es ist ein Prozess, der oft in Unsicherheit und mit Widerstand beginnt, aus dem einzelne Teile der Organisation gerne "auszubrechen" versuchen, aber mit einer guten Begleitung und Orchestrierung (9.) durch das richtige Team führt er in der Regel zu guten Ergebnissen und zum Ziel.
Es ist ein Abenteuer, das es wert ist, erzählt zu werden. Und als Erzähler dieser spezifischen Geschichte bin ich ebenso gespannt wie ihr, wie sich diese Geschichte entfalten wird.
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Szene 2: Erste Einblicke
Das Großraumbüro war ein Gewirr aus Stimmen, Bewegungen und Farben. Katharina trat ein und ließ ihren Blick über die verschiedenen Teams schweifen.
Nach ihrem Gespräch mit Manfred war die formelle und kommerzielle Seite der Beauftragung relativ zügig geklärt. Vier Wochen später stand sie nun zum zweiten Mal in diesem Gebäude. Dieses Mal war sie hier, um den Alltag zu erleben, um mit Teammitgliedern zu sprechen und um Muster und Herausforderungen der Organisation zu erkennen.
Vor ihr erstreckte sich der Organisationsbereich des Produkts "MUH2000", das von drei Entwicklungsteams und einem Operations-Team verantwortet wurde. Sie beobachtete die Interaktionen in den Teams eine Weile und sprach dann mit verschiedenen Teammitgliedern aus jedem Team. Jedes Team schien in seiner eigenen Welt detailliert und vertieft zu sein, doch es gab wenig Interaktionen oder Rückfragen zwischen den Teams. Teamthemen schienen für die jeweils anderen Teams irrelevant. Der ehemalige Product Owner für alle drei Teams war nun zum Bereichsleiter aufgestiegen. Das Führungsvakuum, das Manfred kürzlich beim Mittagessen nach der Auftragsklärung angesprochen hatte, war für Katharina in den Gesprächen deutlich zu spüren.
Während sie durch das Büro ging und über ihre Eindrücke nachdachte, kam ihr Manfred in seiner neuen Rolle als Bereichsleiter schon entgegen. "Katharina, ich habe darüber nachgedacht", begann er, "anstatt einen neuen Product Owner für alle Teams zu ernennen, warum nicht für jedes Team einen eigenen PO? Jemanden, der damit näher am Geschehen sein kann und die spezifischen Bedürfnisse des Teams versteht."
Katharina nickte. "Ja, das könnte funktionieren. Die Product Owner müssten dann eng zusammenarbeiten, sich idealerweise selbst managen und tatsächlich Entscheidungen herbeiführen. Anders gesagt: wir sollten nicht eine Gruppe von Menschen im Elfenbeinturm daraus machen, bei der wichtige Themen liegenbleiben und kein Fortschritt in den Teams entsteht.
Damit das klappt, müssen wir zuerst das Produkt und den Wertstrom verstehen. Ich meine damit, den Ablauf der Arbeit und an welchen Stellen die Teams ihre Arbeit koordinieren müssen.
Wenn wir das klar haben und sichtbar machen, dann können wir die Optionen bewerten.”
Der Bereichsleiter war von der Idee, den Wertstrom zu analysieren, nicht gleich angetan. "Das klingt, als ob das eine Weile dauern kann. Wer trifft in der Zwischenzeit die wichtigen Entscheidungen mit dem Team und sorgt für die Orientierung?”
“Ich vermute, dass die Teams das noch ein paar Tage ohne eigene Product Owner hinbekommen. Ich spüre auch die Lücke, aber voreilige Änderungen in den Stellen und Strukturen machen oft mehr kaputt als sie helfen.” argumentierte Katharina und dachte sich: „Ein klares Verständnis des Status Quo, also wo stehen die Teams heute, ist essenziell für eine erfolgreiche Veränderung. Wenn wir die These haben, dass ein PO für jedes Team zu einer besseren Ende-zu-Ende-Arbeit führen kann, können wir das damit überprüfen.“
Sie war entschlossen, die Organisation dabei zu unterstützen, ihre Praktiken zu verbessern und eine Kultur der Zusammenarbeit und des kontinuierlichen Lernens zu fördern.
Was haben wir hier erlebt:
In dieser Szene erleben wir, wie Katharina, in die Welt des Produkts "MUH2000" eintaucht und erste Herausforderungen und Möglichkeiten erkennt, die sich durch das Führungsvakuum ergeben. Ihre Beobachtungen und Gespräche mit dem Bereichsleiter und den Teams zeigen, dass sie interagiert, Vorschläge macht und Lösungen anbietet. Dabei ist ihr klar, dass eine Vision allein nicht reicht. Der Weg muss gemeinsam entwickelt und gegangen werden.
Was hat das mit einer Transformation zu tun?
In dieser Szene sehen wir, wie Katharina und der Bereichsleiter die ersten Schritte auf ihrer Reise unternehmen, indem sie über die Rollen des Product Owners und der Teams nachdenken und sie den Blick auf die Wertschöpfung des Bereichs lenken. Sie bearbeiten damit die Rahmenbedingungen für die Gestaltung der eigentlichen Arbeit und ihres Flusses. Es ist ein gutes Beispiel dafür, wie eine Organisation beginnen kann, ihre Arbeitsweise zu überdenken und sich unter der Beteilung „aller“ auf eine Veränderung vorzubereiten. Ein legitimierter Status Quo ist dafür der Ausgangspunkt.
Veränderung ist ein Spannungsfeld, das sowohl Führung als auch Zusammenarbeit erfordert. Katharina und Manfred sind offensichtlich bereit, dieses Spannungsfeld anzugehen. Allerdings werden sie auch weitere Mitgestalter brauchen, sonst bleibt die Veränderung schnell in einer Falle stecken.
Szene 3: Erste Rückmeldungen
in paar Tage nach dem initialen Aufschlag saß Katharina in einem der freien Besprechungsräume und war dabei, ihre Beobachtungen und Informationen zu ordnen. Sie dachte über die Beobachtungen bei den Teams nach und wie sie am besten unterstützt werden könnten.
Während sie nachdachte, klopfte jemand an die Tür. Es war Lena, eine der Entwicklerinnen aus einem der Teams. "Lena, komm rein", sagte Katharina und lächelte. „Schön, dass du Zeit gefunden hast gleich heute noch vorbeizukommen“.
Lena wirkte – wie schon am Morgen - etwas nervös. "Du hattest mich heute Morgen auf meine Wahrnehmung zur aktuellen Arbeitssituation angesprochen. Nach unserem Gespräch habe ich dann gehört, dass wohl darüber nachgedacht wird, die Product Owner Struktur zu ändern. Ich denke, das ist eine gute Idee. Wir brauchen jemanden, der uns näher ist und unsere spezifischen Herausforderungen versteht."
Katharina nickte. "Danke für dein Feedback, Lena. Es ist wichtig für mich zu wissen, wie ihr als Teammitglieder über mögliche Änderungen denkt. Die Product Owner Struktur ist eines der anstehenden Themen, nachdem wir verstanden haben, wie ihr in den Teams zusammenarbeitet und wo ihr Herausforderungen seht."
Lena lächelte. "Ich denke, es wird uns helfen, besser zu werden. Ein dedizierter Product Owner für unser Team hat mehr Zeit für uns und kann uns mehr Orientierung geben. Und vielleicht könnten wir auch regelmäßige Retrospektiven mit den Product Ownern haben, um Feedback zu geben und zu erhalten."
Katharina notierte sich Lenas Vorschlag. "Das ist eine großartige Idee, Lena."
Dieses Muster begegnete ihr häufig bei der Arbeit: Wenn Menschen zugehört wird und ihre Bedürfnisse und Ideen wahrgenommen werden, führt das schon zu einer gewissen Entspannung. Und das wiederum machte ihre Arbeit erfolgreicher, da manch unnötiger Druck durch eine einfache menschliche Geste – ehrliches Interesse - aufgelöst werden konnte.
Als Lena den Raum verließ, fühlte Katharina sich ermutigt. Lena war nicht die erste, die sie in den letzten Tagen interviewt hatte. So sammelte sie Informationen für ein Gesamtbild des Status Quo, dass sie später mit der Organisation zusammen reflektieren konnte. Im Laufe der Interviews zeichnete sich immer klarer ab, dass die Teams bereit für Veränderungen waren. Ihr Feedback und ihre Ideen zeigten, dass die Teams über Alternativen nachdachten. Gute Voraussetzungen, um in eine gemeinsame Lösungsfindung einzusteigen. Die Leitfragen waren jetzt: „was ist als nächstes dran“, „was ist der Minimal Viable Change“ und „was ist der Nordstern bzw. wozu das Ganze überhaupt“.
Was haben wir hier erlebt:
In dieser Fortsetzung sehen wir, wie Katharina auf die Teammitglieder zugeht. Sie agiert als Partnerin und Unterstützerin für jeden Beteiligten und ist an Meinungen, Beobachtungen, Thesen und Indikatoren interessiert.
Was hat das mit einer Transformation zu tun?
Wie bei fast jeder Transformation stehen auch hier die Menschen im Mittelpunkt dieser Transformation. Die Bereitschaft von Katharina zuzuhören und Feedback aufzunehmen, zeigt den Teams, dass sie bereit ist, die Teams auf ihrer Reise zu begleiten und sie zu unterstützen.
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Szene 4: Arbeiten mit den Teams
Katharina betrat das Großraumbüro, in dem die drei Entwicklungsteams und das Operations-Team für das Produkt "MUH2000" arbeiteten. Sie kannte das Unternehmen noch nicht lange und war erst wenige Male vor Ort gewesen. Sie hatte sich vorgenommen, immer wieder den Alltag der Teams zu erleben, um Muster zu erkennen.
Während sie durch die Reihen ging, bemerkte sie, wie die Teammitglieder entweder in lebhaften Diskussionen vertieft waren oder einzeln und konzentriert an ihren Computern arbeiteten.
Katharina setzte sich zu einem der Teams und begann, Fragen zu stellen. Sie wollte wissen, wie sie ihre Arbeit organisierten, welche Herausforderungen sie hatten und wie sie Entscheidungen trafen. Dabei bemerkte sie, dass das Team zwar engagiert, aber oft unsicher war, welche Prioritäten gesetzt werden sollten. Es war offensichtlich, dass das Fehlen von Manfred als Product Owner die Teams beeinflusste.
Nachdem sie einige Zeit zugehört hatte, schlug Katharina vor, eine kurze Brainstorming-Session abzuhalten, um gemeinsam Ideen für die Verbesserung ihrer Arbeitsweise zu sammeln. Sie bat das Team an einem Whiteboard ihre Gedanken und Vorschläge aufzuschreiben. Die Teammitglieder waren begeistert von der Idee und beteiligten sich aktiv.
Während der Session kamen viele gute Ideen zur Sprache, unter anderem:
- Tom, der erfahrene Entwickler, schlug vor, eine neue Architektur für das Backend zu implementieren, um die Skalierbarkeit des Systems zu verbessern.
- Ein anderes Teammitglied schlug vor, regelmäßige Retrospektiven mit den Product Ownern zu haben, von denen bereits überall gemunkelt wurde, um Feedback zu geben und zu erhalten, und damit die Zusammenarbeit zu verbessern.
- Katharina selbst brachte die Idee ein, eine monatliche "Innovationsstunde" einzuführen, in der Teammitglieder neue Technologien oder Arbeitsmethoden vorstellen könnten, um voneinander zu lernen.
Die Ideen wurden bewertet und priorisiert. Am Ende der Session hatte das Team eine Liste von Aktionen und Verbesserungsvorschlägen erarbeitet. Und mit einigen davon konnte man schon direkt ins Tun kommen.
Katharina fühlte sich ermutigt durch die positive Reaktion des Teams und die Bereitschaft, über Verbesserungen nachzudenken. Sie war zuversichtlich, dass sie gemeinsam große Fortschritte erzielen würden.
Was haben wir hier erlebt:
Katharina fördert das Entstehen von Impulsen und Ideen und nutzt Strukturen und Prozesse aus ihrem Werkzeugkoffer. Damit holt sie Menschen da ab, wo sie stehen. Sie betrachtet Interaktionen von verschiedenen Seiten und versucht Beobachtungen von eigenen Ideen zu trennen. Und auch wenn es verlockend für sie ist, von einem Transformation Backlog zu fachsimpeln, ist es für den Moment erst mal nur ein Backlog von Ideen, die zu Experimenten führen können.
Was hat das mit einer Transformation zu tun?
Eine Transformation ist weniger Prozess oder Methode, sondern eine Reise. Eine Reise, die von Führungspersönlichkeiten begleitet wird, die Wissen und Erfahrung mitbringen, und ihre Fähigkeit, Teams zu inspirieren, zu motivieren und Strukturen zum Leben zu bringen.
Katharinas Interaktionen mit dem Team zeigen, dass sie sich für Bedürfnisse interessiert und deren Umsetzung adressiert. In einer Transformation geht es unter anderem darum, Menschen zu befähigen, ihre besten Ideen einzubringen und gemeinsam Lösungen zu finden, die zu den Menschen, der Umgebung und den Themen passen. Dadurch arbeiten alle gemeinsam daran die Ziele der Veränderung zu erreichen.
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Szene 5: Erste Ideen
Auf dem Weg nach draußen kam ihr Manfred entgegen. “Ah, Katharina, dich habe ich gerade gesucht. Gut, dass ich dich noch antreffe. Wie waren deine ersten Eindrücke? Können wir etwas konkreter werden, was die Nachbesetzung der Product Owner Rolle betrifft? Wie stellen wir sicher, dass die Teams effektiv zusammen- und nicht in Silos arbeiten?"
Katharina lächelte. Sie war gerade aus einem Workshop mit ein paar Teammitgliedern aus den verschiedenen Teams rund um das Produkt “MUH2000” gekommen und erinnerte sich daran, dass auch von Seiten der Teams das Bedürfnis nach einem engeren Austausch mit den potenziellen Product Ownern adressiert wurde, die mittlerweile in jeder Kaffeeküche Gesprächsthema waren.
“Ich habe ein erstes Bild und einige Eindrücke gesammelt, die gut zu deiner Idee passen, über die Product Owner-Rolle für das Produkt “MUH2000” nachzudenken:
„Dir war wichtig, und auch einige Teammitglieder schlugen vor, künftig jedem Team einen Product Owner zu geben. Mir scheint, hinter dieser Idee steckt einige Energie. Für eine effektive Zusammenarbeit sollten wir aber darauf achten, dass die Product Owner mit einer Stimme auftreten und als Team agieren. Dafür müssen wir auf ein paar Sachen achten. Wir könnten dafür regelmäßige Arbeitssitzungen für die Product Owner organisieren, um gemeinsam am Product Backlog zu arbeiten, Erfahrungen auszutauschen, Herausforderungen zu besprechen und voneinander zu lernen. Es wäre auch hilfreich, wenn Du dann klare Erwartungen und Ziele für das Product Owner Team setzt."
"Das klingt großartig", fasste Manfred nach ein paar Minuten zusammen, in denen sie sich über nächste Schritte ausgetauscht und sie konkretisiert hatten, die für eine nachhaltige Veränderung wichtig sein würden. "Ich denke, es könnte gut funktionieren. Lass uns das ausprobieren und dann sehen wir weiter."
“Wir sollten es als ein richtiges Experiment beschreiben“, empfahl Katharina, „damit wir nicht im Unklaren herumprobieren, sondern klar ist, welche Hypothese wir haben, woran wir den Erfolg oder auch Misserfolg festmachen, um bei Bedarf auch die Richtung noch ändern zu können. Ich habe einen Canvas dafür...”
Manfred ließ sich das, wie zu erwarten, nicht zweimal sagen. Mit formulierten Experimenten, konkreten Ideen und der Vereinbarung, die neuen Product Owner auf Probezeit und mit enger Begleitung durch Katharina “on the job” auszubilden, wusste er sofort, wen er als Product Owner Kandidaten vorschlagen würde.
So kam es, dass Katharina bereits ein paar Tage danach in einem Besprechungsraum saß, umgeben von den drei neuen Product Owner Kandidaten: Julia, Magnus und Felix. Sie spürte die Mischung aus Aufregung und Unsicherheit im Raum. Es war eine neuer Schritt für alle.
"Herzlichen Glückwunsch zu eurer neuen Rolle", begann Katharina. "Die nächsten sechs Monate werden intensiv, aber ich unterstütze euch gerne dabei."
Julia, eine junge Frau mit leuchtenden Augen, nickte. "Wir sind bereit für die Herausforderung."
Katharina lächelte. "Gut. Wie ihr ja wisst, ist eine meiner Aufgaben, euch als Coach in der kommenden Zeit dabei zu unterstützen in eure Rolle zu finden. Bevor wir beginnen, möchte ich einige Coachingvereinbarungen mit euch besprechen. Das wird uns helfen, unsere Zusammenarbeit zu strukturieren und einen guten Weg zu gehen."
Während des Treffens erarbeiteten auch gemeinsam ein Coaching Backlog, das die wichtigsten Themen und Herausforderungen für die kommenden Monate aufzeigte. Katharina war beeindruckt von der Offenheit und dem Engagement der drei.
Was haben wir hier erlebt:
Katharina beginnt ihre Reise mit der Organisation. Sie trifft auf die neuen Product Owner Kandidaten und erarbeitet gemeinsam mit ihnen Rahmenbedingungen und Vereinbarungen für die Zusammenarbeit.
Was hat das mit einer Transformation zu tun?
Katharina steht vor der Herausforderung, nicht nur die Product Owner in ihrer neuen Rolle, sondern auch die Führungskräfte und andere Stakeholer in der Organisation zu coachen und dahin zu wirken, dass die neue Struktur funktioniert. Und damit geht es - wie in den meisten Transformationen - auch um eine kontinuierliche Begleitung und Beteiligung der Betroffenen über verschiedene Ebenen der Organisation hinweg.
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Szene 6: Die Veränderung kommt in Gang
Katharina stand vor einem großen Whiteboard, auf dem die Struktur der Organisation skizziert war. Dort waren die verschiedenen Teams, ihre Rollen und die Beziehungen zwischen ihnen sowie die Stakeholder aufgezeichnet.
Julia, eine der neu benannten Product Owner Kandidaten, trat zu ihr. "Katharina, ich bin mir nicht sicher, wie wir die Teams am besten unterstützen können. Es gibt so viele Herausforderungen und ich fühle mich manchmal überfordert."
Katharina lächelte. "Das ist normal, Julia. Eine Transformation ist immer eine Herausforderung. Aber denk daran, du bist nicht allein. Wir sind hier, um dich zu unterstützen und gemeinsam werden wir die besten Lösungen finden."
Julia nickte. "Ich weiß, aber es ist so viel zu tun und zu bedenken. Und ich möchte sicherstellen, dass wir die richtigen Entscheidungen treffen."
Katharina‘s Sicht darauf war klar. "Das werden wir, oder wir lernen es gemeinsam unterwegs. Ich sehe das mittlerweile entspannter und erinnere mich regelmäßig daran, dass es bei einer Veränderung nicht nur darum geht, Prozesse zu ändern. Es geht auch darum, eine Kultur des Lernens und der kontinuierlichen Verbesserung zu schaffen. Und das erfordert Zeit und Geduld. Das heißt auch, dass wir manchmal Fehler machen werden, aber daraus lernen wir und machen es danach besser."
Julia lächelte dankbar. "Danke, Katharina. Ich bin froh, dass du hier bist." Mit diesen Worten drehte Julia sich um und ging.
Katharina schaute ihr nach und ließ ihre Gedanken schweifen. Einerseits beschäftigen sie die Ergebnisse der Status Quo Analyse, die in der vorherigen Woche abgeschlossen wurde. Insbesondere die Fehleranfälligkeit des Produkts „MUH2000“ machte allen Sorgen. Eine offensichtliche und ganz einfach umsetzbare Verbesserung könnten schon häufigere Kontaktpunkte der Teammitglieder, zum Beispiel durch tägliche Standups, anstelle der aktuell wöchentlichen Treffen sein.
Andererseits dachte sie über das Risiko nach, als Coach ein „Silo für Veränderung“ zu werden. Daher wollte sie sich nicht die nächsten Schritte im Stillen ausdenken. Sie wollte die Veränderung durch die Organisation selbst gestalten lassen. Aber das galt es aufrechtzuerhalten und auszubauen.
Was haben wir hier erlebt:
In dieser Szene sehen wir, wie Katharina und Julia Herausforderungen der ersten Zeit in einer Transformation navigieren. Es ist klar, dass es nicht nur um Prozesse geht, sondern auch um Menschen, Kommunikation und Kultur. Es geht um den Mut neue Sachen auszuprobieren und kontinuierlich zu lernen sie besser zu machen. Die Unsicherheit, die mit neuen Vorgehen und neuen Rollen einhergeht, wird durch kontinuierliche Begleitung, Coaching und Lernen adressiert.
Was hat das mit einer Transformation zu tun?
Eine Transformation dieser Art ist viel mehr als nur eine Veränderung von Strukturen. Es geht darum, wie Teams zusammenarbeiten, kommunizieren und Probleme lösen. Daher geht es auch darum, eine Kultur des Lernens, der Anpassungsfähigkeit und der kontinuierlichen Verbesserung zu schaffen. Es geht darum auch mal Fehler machen zu dürfen und daraus zu lernen. Dieses Lernen kann durch externe Coaches oder auch durch interne Multiplikatoren oder Peer Groups, wie Communities of Practice unterstützt werden:
Im nächsten Kapitel folgt der Blickwinkel von Manfred.
In Kapitel 2 wird der gleiche Ablauf aus Sicht von Manfred erzählt. In den weiteren Kapitel werden die Blickwinkel der Teams, der Product Owner und von einzelnen Experten ergänzt und die eigentliche Transformation beschrieben.
Kapitel 2
Versetze dich in die Rolle von Manfred. Er ist der Product Owner der
Teams, der gerade in seine neue Rolle als Bereichsleiter wechselt.
Erlebe die gleichen Begebenheiten wie in Kapitel 1, diesmal nicht aus
Katharinas, sondern aus Manfreds Sicht.
Tauche in die Geschichte ein
Transformationen sind komplexe Unterfangen. Organisationen, die sich
nachhaltig und wirksam entlang eines Zielbildes verändern wollen, müssen
an mehr als nur einer isolierten Stellschraube drehen. Es lohnt sich
daher eine solche Reise mithilfe verschiedener Perspektiven anzutreten.
Katharina: Die Beraterin vor Ort
Katharina ist Agile Coach und externe Beraterin für das Unternehmen. Ihre Perspektive auf die agile Transformation lernst du im 1. Kapitel kennen.
Manfred: Der zielstrebige Bereichsleiter
Manfred ist Bereichsleiter und früherer Product Owner des Unternehmens und führt es mit seinem trockenen Humor durch eine Restrukturierung. Seinen Blick auf die Ereignisse lernst du initial in 1. Kapitel kennen.