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Was Lean Product Development Flow mit agiler Exzellenz zu tun hat

Agile statt Lean?
Dieser Frage begegnen wir doch manches Mal. Da haben wir, bei wibas, uns gedacht, wir holen mal Verstärkung, um eine prägnante Antwort zu geben. Aber lest selbst.

Mitten in der vorweihnachtlichen Zeit – also dann, wenn eigentlich alle dabei sind „nur“ noch Dinge „fertig“ zu machen, ist in einer kleinen Runde eine Idee geboren: Wir laden Don Reinertsen, seit über 30 Jahren eine Koryphäe für Lean und Product Development, ein.

Klar, das geht am besten mit einer guten Kooperation. Und weil zufällig in dieser kleinen Runde ein paar Kegon  – und wibas-Leute am Tisch saßen, haben wir feierlich bei Baguette und Saft standesgemäß auf post-its vereinbart, dass wir zusammen mit Don Reinertsen und Interessierten diskutieren, was es unter anderem mit „Agile statt Lean“ zu tun hat. Die Fettflecken auf den post-its sind Zeugen.

Den Start haben wir mit einem offenen Seminar in unserem wibas-Büro gemacht. Es war dunkel, als wir starteten und dunkel, als wir aufhörten. Dazwischen ist einiger caffè geflossen und ansehnliche Wissenshappen zwischen die Ohren der aufmerksamen Teilnehmenden gewandert.

Don Reinertsen schafft es mit simplen Bildern zu erklären, warum wir es in unserer Arbeit ständig und überall mit Warteschlangen zu tun haben und warum die ebenso nervig wie ein Stau auf einer überfüllten Autobahn sind. Der Unterschied: Sie sind ohne weiteres gar nicht sichtbar! Der erste Schritt muss also sein, sie sichtbar zu machen. Der zweite Schritt, zu lernen, mit ihnen umzugehen. Dazu gehört, Entscheidungen zu treffen.

Und seien wir mal ehrlich: Es ist selten, dass jemand sich über zu wenige parallele Themen beschwert. Nicht-Entscheiden ist also quasi keine Option. Hier kommen der Cost of Delay und das Economic Framework ins Spiel. Mittels einer ganz einfachen Technik können wir die Themen priorisieren, dazu bewerten wir schlicht Cost of Delay und Dauer, ganz einfach jeweils in der Ausprägung klein-mittel-hoch. Das Thema, zum Beispiel auf einem post-it notiert, wird dann einfach auf der Matrix ausgelegt und schon ist eine erste sehr simple Vorgehensweise zur Priorisierung entstanden: Die Themen sollten von 1 zu 9 sequenziell bearbeitet werden.

Mit einer einfachen 3×3-Grafik kann der Cost of Delay ermittelt werden. (Copyright 2018 Reinertsen & Associates, used with author’s permission.)

Über dieses einfache Beispiel hinaus, hat Don Reinertsen ein stimmiges Gesamtkonzept zum Lean Product Development Flow im Repertoire, nicht zuletzt ist sein aktuelles Buch „The Principles of Product Development Flow: Second Generation Lean Product Development“ eine geballte Sammlung solider Argumente für Flow. Liest sich blumig? Tatsächlich steht Flow für Prinzipien einer verbesserten Entwicklung von neuen Produkten. Don Reinertsen lehnt sich dabei an Lean Manufacturing an, unterscheidet aber die Ideation und Kreation, welche das Product Development von ersterem unterscheidet. Und da beispielsweise Design Thinking und Scrum gute Methoden beinhalten um die Entwicklung zielgerichtet und kollaborativ voran zu treiben, dämmert es langsam: Es sollte „lean und agile“ heißen, nicht „lean oder agile“ und erst recht nicht „lean statt agile“.

Ein Beispiel soll veranschaulichen, was gemeint ist. In unserer praktischen (Entwicklungs-) Arbeit erleben wir immer wieder, dass wir an Allem arbeiten. Betreiben wir diese Aufgaben parallel, dauert jede von ihnen länger (siehe Variante A im unten stehenden Bild) – eigentlich logisch oder? Wenn wir es, ganz ähnlich zum „Lean Manufacturing“ schaffen, die Losgröße (engl. batch size) zu verringern, sind wir schneller fertig und profitieren von den Erfolgen der ersten beiden fertig gestellten Themen, Don Reinertsen nennt das „Cost of Delay Savings“ (Variante B). Ganz nebenbei gewinnen wir Zeit um Klarheit bei vagen Vorhaben zu bekommen, die Themen drei und vier werden dadurch möglicherweise leichter zu bearbeiten! Lean und Agile sind also nah beieinander!

Diese Grafik hat bei den Teilnehmenden für einen Aha-Effekt gesorgt und eine Diskussion über die tatsächlichen praktischen Erfahrungen angefacht. Uns freut besonders, dass sie nun mit simplen und überzeugenden Argumenten zurück in ihre Organisationen gehen für Verständnis und Begeisterung bei Lean und Agile sorgen können.

Das Schöne an dem Wissen von Don Reinertsen ist: Er kann stets auch vermitteln, was dem theoretisch zugrunde liegt und hat für Alles eine humorvolle Anekdote aus seiner praktischen Arbeit. Bald vier Jahrzehnte Beratungserfahrung zahlen sich aus, das ist länger als so mancher Teilnehmender des Seminars überhaupt auf diesem Planeten weilt.

Spätestens am nächsten Tag, zu Besuch bei Vodafone, wo knapp 500 Menschen aufmerksam teilnehmen, kommt dann die Antwort auf die ersehnte Frage. Agile statt Lean?

Agile statt Lean? Mitnichten. Hier ist die Kurzfassung:
Lean ist eine Sammlung von Methoden um Flow zu schaffen…gewissermaßen also Arbeit richtig zu machen – auch bei neuartigen, unvorhersehbaren, schwer schätzbaren Aufgaben. Agile ist eine Sammlung von Methoden, um an den richtigen Dingen zu arbeiten – auch unter unsteten Bedingungen und mit viel Kreativität. Und wenn wir das jetzt zusammen bringen: richtig an den richtigen Dingen arbeiten. Wenn das nicht erstrebenswert ist!

Natürlich, das Wie geht dann wieder ins Detail. Die Teilnehmenden haben dafür einiges Wissen und einen pragmatischen Austausch mit Gleichgesinnten bekommen. Wir freuen uns darüber und fühlen uns über den Besuch von Don Reinertsen und Eure Teilnahme geehrt!

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