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10 Wege, dein Kanban-System an die Wand zu fahren

Als Coach, Trainer und Berater stoße ich immer wieder auf Teams, die Herausforderungen damit haben, ihr Kanban System zum Laufen zu bringen. Besonders tragisch wird es jedoch, wenn Teams eine Menge Energie aufbringen, um etwas zu erhalten, dass längst vor sich hin kränkelt und nur Frust verursacht.

Heute habe ich für euch daher ganz im Sinne von Peter Kruses “8 Regeln für den totalen Stillstand in Unternehmen” eine Reihe von Learnings zusammengestellt, die sich aus meiner Zusammenarbeit mit Kanban Teams ergeben haben. Sie setzen sich aus einer Sammlung von Anti-Pattern für die Anwendung von Kanban zusammen und sind als eine Art Mahnmal zu verstehen.

Hier kommen für euch: 10 Wege, dein Kanban-System an die Wand zu fahren.

1) Mache deine ToDo Liste zur ToDo Matrix

Lege deine ToDo Liste quer über das Kanban Board als Spaltenbeschriftungen und nutze sie zusätzlich als Backlog.

Das fördert Verwirrung und Undurchsichtigkeit auf gleich zwei Ebenen. Erstens entstehen Arbeitspakete wie “Teste ob ‘fertige’ <Lösung> wirklich das <Problem> löst”; ein Stolperstein für sich, da Wert hier von der Bearbeitung mehrerer Arbeitspakete abhängt. Zweitens kreuzen sich auf einem solchen Board zu gegebener Zeit Spalte und Task, wenn etwa das Item “Teste ob ‘fertige’ <Lösung> wirklich das <Problem> löst” auf den Arbeitsschritt “Test” trifft.

2) Limitiere nicht, visualisiere nur

Vermeide es um jeden Preis, deinen Workload zu begrenzen. Grenzen halten dich nur auf und machen unflexibel. Setze so viel Energie wie möglich in die Visualisierung und Aktualisierung des Fortschritts deiner Arbeit und achte darauf, immer schön beschäftigt auszusehen.

Push-Systeme sind dein bester Freund. Sie bringen dich effektiv zum Stillstand.

3) Behandle neue Ideen und Anforderungen stets bevorzugt

Setze auf die Quantität der Arbeit und nicht der Ergebnisse. Beginne jedes Arbeitspaket so schnell du kannst. Neue Ideen und Anforderungen sind eine willkommene Ablenkung – ich meine natürlich Abwechslung – zu allem was bereits in Arbeit oder gerade blockiert ist.

Und das Beste von allem: Je schneller Arbeitspakete begonnen werden, desto länger werden die Kunden deines Services auf Ergebnisse warten müssen. Der ultimative Dünger für Unzufriedenheit und Vertrauensverlust also. Verlasse dich darauf: Dieses Phänomen klingt ebenso paradox wie es empirisch nachweisbar ist.

4) Bewahre Statusabbildungen und fördere “hopping”

Sorge für ein ausgiebiges Ping Pong Spiel deiner Arbeitspakete durch das Kanban Board. Optimiere wilde Vor- und Rückwärtsbewegungen deiner Arbeit, indem du die Spalten des Boards als Statusabbildungen nutzt. Am besten hängst du neben den Arbeitspaketen, an denen du selbst sitzt, auch die der anderen regelmäßig um.

Arbeit wird damit schnell undurchschaubar und dem Chaos folgen köstlich ausgiebige Diskussionen über Details und Prioritäten.

5) Führe Wartespalten ein

Führe Spalten ein, in denen deine Arbeit gemütlich geparkt werden kann. Wartespalten bestärken das Prinzip „aus dem Blick, aus dem Sinn“ und suggerieren, dass geparkte Arbeit keine Arbeit mehr ist, bis sie aktiv wieder aufgenommen wird. Während die Arbeit so vor sich hin schimmelt, läuft die Uhr natürlich weiter. Der Kunde wartet nach wie vor auf ein Arbeitsergebnis. Jeder verstreichende Moment kostet weiter Geld.

6) Achte auf episch große Arbeitspakete

Stelle sicher, dass die Arbeitspakete in deinem System so groß sind, dass sie sich in der Einheit Sp/m (“Spalte pro Monat”) durch dein Team-Board bewegen. So verhinderst du aktiv, dass Engpäss im System lokalisiert werden. Fortschritt und Verbesserung werden quasi unsichtbar.

Von hier an gilt: “lass den Dingen ihren Lauf”, denn “viele Wege führen nach Rom”. Wenn es nichts zu sehen gibt, werden regelmäßige Synchronisationspunkte im Team schnell dazu verwendet, über die Details zu sprechen, die eben nicht sichtbar sind. Ausführliche und redundante Berichte werden geboren.

Wahlweise wird auch gar nicht mehr aufs gemeinsame Board geschaut. Steuerelemente wie “das Treffen wichtiger Entscheidungen” vertagen sich so ganz von alleine auf den Zeitpunkt der Eskalation von Problemen.

Auf welche Weise auch immer: Verschwendung von Energie, Zeit und Nerven ist nun Programm.

7) Setze alles daran Micromanagement zu betreiben

Achte darauf, dass auf den Kanban-Karten deines Systems jedes Detail dokumentiert ist. Lasse dir täglich zu jeder Veränderung und Bewegung Bericht von deinen Teammitgliedern erstatten. Dokumentiere lieber doppelt als gar nicht und diskutiere mit deinem Team die perfekte Formulierung für jedes Arbeitspaket. Führe kein Gespräch, ohne zuvor eine Kanban Karte im System erstellt zu haben.

Besonders in Kombination mit gewaltigen Arbeitspaketen, die im Schneckentempo über das Board kriechen, lässt sich damit Undurchsichtigkeit und Verschwendung exponentiell anreichern. Denn nichtsaussagende, gewaltige Arbeitspakete stehen dann aufgrund des enormen Pflege- und Aktualisierungsbedarfs des Micromanagements auch noch unnötig oft und regelmäßig im Fokus.

8) Passe dein Kanban System dem Tool an, das du verwendest

Verkünstle dich mit den Möglichkeiten, die dein Flugzeugträger-großes Tool mitbringt. Versuche alles auszuprobieren, was das Tool zu bieten hat und finde für jede Funktion einen Anwendungsfall. Stampfe deine Bedürfnisse radikal zusammen, sollte eine Funktionalität fehlen.

So stellst du die eigentlichen Bedürfnisse, auf die du mit deinem Kanban eingehen wolltest erfolgreich in den Schatten.

9) Mache es möglichst unattraktiv, zu helfen

Stelle sicher, dass jede:r weiß, was er oder sie zu tun hat und wofür er oder sie verantwortlich ist. Sorge für einen regelmäßigen Blick auf die Arbeitspakete einzelner Teammitglieder und sprich verschiedene Expertengruppen im Team einzeln an. Test-Tätigkeiten werden direkt den Tester:innen zugeschrieben, Designer:innen werden für alle Design-Tätigkeiten angesprochen und so weiter.

Das stärkt die mentale Verknüpfung zwischen den Themen “Leistung” oder “Performanz” und der Anzahl an Arbeitspaketen, die in der Expertise einzelner Teammitglieder gerade in Arbeit sind. Das ist deine Form von Limitierung! Setze der Produktivität eine Grenze.

10) Manage Menschen, nicht Arbeit

Achte darauf, dass niemand etwas ohne einen klaren Auftrag tut. Vermeide Idle Time um jeden Preis und maximiere die Auslastung jeder Arbeitskraft. Lasse dir täglich berichten, wer woran arbeitet und sorge dafür, dass für jede:n Expert:in stets Arbeit vorrätig ist, die begonnen werden kann. Stelle zu möglichst allem, was bearbeitet und erledigt wird einen Personenbezug her und werte aus, wer wie viel in welcher Zeit schafft.

Arbeit, geschweige denn Arbeitsfluss gerät damit zuverlässig in den Hintergrund. Richtig ausgeführt wird sich so jede:r auf die eigene Tätigkeit konzentrieren und lästiges “Mitdenken” anderer, dass deine eigene Weisheit in Frage stellen könnte, wird minimiert.

Ist das wirklich so? Probier es selbst aus!

Du hast dich oder dein Team wieder erkannt? Du findest die Szenarien plausibel, möchtest sie aber selbst in geschütztem Raum erleben, und erfahren, wie du besser damit umgehen kannst?

Melde dich bei uns für eine Simulationen zum Thema “Agilität erleben”. Hier können wir gemeinsam ausprobieren, was mit deiner Arbeit passiert, wenn du verschiedene Hebel in Bewegung setzt. Bei Fragen melde dich gerne bei mir, ich freue mich darauf!

Übrigens: Auf ausgewählte Aspekte gehe ich in kommenden Artikeln noch näher ein.


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